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Sicht der Angehörigen

Referat, gehalten an der Medienkonferenz «Nein zum neuen Transplantationsgesetz», Bundes-Medienzentrum, Bern, 5. April 2022, 15.15 Uhr (es gilt das gesprochene Wort)

von Susanne Clauss, Co-Präsidentin des Abstimmungskomitees

Wenn der Wille des Patienten nicht bekannt ist, werden die Angehörigen innert nützlicher Frist über den mutmasslichen Willen des Patienten befragt. Hier liegt eine nicht unerhebliche Widersprüchlichkeit der Vorlage vor. Einerseits geht man gemäss Artikel 8 davon aus, dass wer nicht widersprochen hat, automatisch Organspender wird, aber den Angehörigen bleibt zuletzt doch noch ein Widerspruchsrecht, jedoch basierend auf dem mutmasslichen Willen der sterbenden Person. Damit gibt der Gesetzgeber indirekt zu, dass ein fehlender Widerspruch nicht abschliessend als Zustimmung gedeutet werden kann, sondern eben auch ein Versäumnis oder ein «Nichtwissen» des Patienten sein kann. Die gesetzlich vorgeschriebene Konsultation der Angehörigen, unterwirft den Willen des Patienten der Mutmassung der Angehörigen und schränkt sein Selbstbestimmungsrecht ein. Wenn die Angehörigen schweigen oder sagen, dass sie es nicht wüssten, gilt automatisch das Ja. Damit wird das Selbstbestimmungsrecht gleich zweifach missachtet. Ziel war es, die Angehörigen zu entlasten nun wird ihnen jedoch zusätzliche Verantwortung auferlegt. Sie werden, einem erhöhten moralischen Druck ausgesetzt, da die Gesellschaft in Zukunft von einer vermuteten Zustimmung ausgeht und eine Ablehnung als unsolidarisches Verhalten angelastet werden könnte.

Da die betroffenen Patienten fast immer ein akutes, tragisches Ereignis erleiden, werden die Angehörigen unvorbereitet vor schwierigste ethische Fragen gestellt. Eine solche Entscheidung stellt eine kaum lösbare Konfliktsituation für die Angehörigen und eine emotionale Überforderung dar. Voraussetzung, um eine solche Entscheidung treffen zu können, ist eine umfassende Aufklärung, über den Zustand des Patienten, dass er oder sie nur juristisch, nicht jedoch biologisch tot ist und heute zurecht als sterbend bezeichnet wird, über den genauen Ablauf der Explantation und dass es dazu eine Narkose braucht. Dies in einer emotionalen Krisensituation in der die kognitive, rationale Auseinandersetzung mit einer solchen Problematik erschwert ist oder als unmöglich erachtet werden muss. Zumindest bräuchte sie viel Zeit. Diese fehlt vollends, es muss schnell gehen. Nebst dem Trauma des Verlustes, müssen sich die Angehörigen auch mit der Frage über die richtige oder falsche Entscheidung auseinandersetzen und verarbeiten.

Zudem fragen wir uns: Seit wann ist es unmoralisch, egoistisch oder unsolidarisch, wenn Angehörige, bei völliger Unkenntnis des Willens, sich für Ihr Bedürfnis entscheiden und in Anspruch nehmen, ihre oder ihren Liebsten bis zum letzten Atemzug und bis zum letzten Herzschlag zu begleiten, in einem geschützten Rahmen, ohne Zeitdruck und so lang wie nötig zu Gunsten des eigenen Trauerprozesses?!

Eine solche Entscheidung der Angehörigen, muss zwingend weiterhin möglich bleiben. Das Gesetz, so wie es vorliegt, würde dies aber ausschliessen.

Susanne Clauss

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