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Die Widerspruchsregelung aus juristischer Sicht

Paradigmenwechsel

Die heute für die Entnahme von Organen geltende erweiterte Einwilligungs- oder Zustimmungslösung konkretisiert den Grundsatz der aufgeklärten Einwilligung. Dieser ist im schweizerischen Verfassungs- und Gesetzesrecht für jeden Eingriff in die körperliche Integrität eines Menschen verankert und garantiert. Ein medizinischer Eingriff in den menschlichen Körper ohne die aufgeklärte Einwilligung der betroffenen Person stellt heute ein Straftatbestand sowie eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte dar.

Mit Einführung der Widerspruchslösung würde der Grundsatz der aufgeklärten Einwilligung für die Entnahme von Organen restlos beseitigt. Wer sich Zeit seines Lebens nicht explizit gegen eine Entnahme ausspricht und seinen Willen in einem Register festhält, über dessen Körper könnten andere von Rechts wegen verfügen. Damit würde ein radikaler Paradigmenwechsel vollzogen, .

Volksabstimmung

1999 wurde Art. 119a der Bundesverfassung zur Transplantationsmedizin von Volk und Ständen angenommen. Sowohl im Vorfeld dieser Abstimmung als auch während der Ausarbeitung des Transplantationsgesetzes wurde die Art der Zustimmung zur Entnahme von Organen diskutiert. Über die Parteigrenzen hinweg und in der Bevölkerung war man sich einige, dass eine Organspende nur nach einer freiwilligen, klar geäusserten Einwilligung rechtsgültig erfolgen könne. 

Ein Wechsel von der Zustimmungs- zur Widerspruchslösung stellt Grundwerte des geltenden Verfassungrechts und des Rechtsstaates in Frage.. Über einen solchen Paradigmenwechsel müssen Volk und Stände nach einer breit abgestützten und transparenten Diskussion über sämtliche Aspekte der Organtransplantation entscheiden können. Die Initiative hätte dies ermöglicht; der Gegenvorschlag soll es verhindern.

Fehlende Verhältnismässigkeit der Widerspruchslösung

Sowohl Menschen, die auf ein Organ warten, wie Menschen, welchen Organe entnommen werden, sind Träger von Grundrechten. Ihre Würde und ihre Persönlichkeitsrechte verdienen den gleichen Schutz.

Ein Grundrechtseingriff ist rechtlich nur zulässig, wenn er auf einer genügenden gesetzlichen Grundlage beruht,durch ein öffentliches Interesse oder zum Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt werden kann und wenn er verhältnismässig ist.

Mit dem Gegenvorschlag würde eine gesetzliche Grundlage ohne genügende Grundlage im geltenden Verfassungsrecht geschaffen, die nur gelten würde, weil kein Richter die Entscheidungen des eidgenössischen Parlaments aufheben kann.

Grundsätzlich besteht ein öffentliches Interesse an einer ausreichenden Versorgung mit Organen. Es besteht jedoch kein Recht auf ein Organ. Schon gar nicht auf Organe von Menschen, die der Entnahme nicht zugestimmt haben.

Eine Einschränkung ist dann verhältnismässig, wenn sie geeignet, erforderlich und zumutbar ist:

Die Widerspruchslösung scheitert bereits an der Geeignetheit. Denn bis heute fehlt ein belastbarer Nachweis, dass mit der Einführung der Widerspruchslösung tatsächlich die Zahl der verfügbaren Organe erhöht würde. In keinem der immer als Beispiele genannten Länder wie Spanien hat allein der Wechsel zur Widerspruchslösung zu höheren Spenderzahlen geführt. Hier wird seit Jahren systematisch mit Falschinformationen gearbeitet.

Ebenso fehlt es der Widerspruchslösung an der Erforderlichkeit, denn es stehen weniger einschränkende Massnahmen zur Verfügung, insbesondere eine Erklärungslösung, die die nationale Ethikkommission an der Stelle der aus ihrer Sicht ethisch nicht vertretbaren Widerspruchslösung vorgeschlagen hat .

Die fehlende Verhältnismässigkeit der Widerspruchslösung zeigt sich nicht zuletzt auch an der fehlenden Zumutbarkeit. Der gesetzgeberische Zweck, der Transplantationsmedizin zu mehr Organen zu verhelfen, überwiegt gegenüber dem verfassungsrechtlich verbürgten Recht jedes Menschen, über das eigene Sterben und den Umgang mit dem eigenen Körper selber zu bestimmen, bei weitem nicht.

Weder der Staat noch Angehörige dürfen zu fremdnützigen Zwecken über den Körper eines Menschen verfügen. Es sei denn, dieser hat nach eigener Beurteilung zugestimmt und dies dokumentiert oder den Angehörigen mitgeteilt.

Schlusswort

Unabhängig vom Kontext der Organtransplantation gilt es Opt Out- resp. Widerspruchsmodelle im Verhältnis zwischen Staat und Bürgerinnen und Bürgern mit grösster Zurückhaltung zur Anwendung zu bringen. Dies gilt für Zugriffe des Staates auf Eigentum oder Daten aller Art von Bürgerinnen und Bürgern. Umso mehr gilt es für Zugriffe in einem derart sensiblen und persönlichkeitsnahen Bereich wie der Verfügbarkeit des menschlichen Körpers für fremdnützige Zwecke. EinWiderspruchsmodell lässt sich mit den Grundwerten unserer geltenden Verfassung und unserer freiheitlichen und rechtsstaatlichen Tradition nicht vereinbaren.

Prof. Dr. iur. Franziska Sprecher, Mitglied des Referendumskomitees

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